Es ist 4 Uhr morgens. Nach dreizehn durchgeschüttelten Stunden im Nachtbus sind wir endlich da. Hallo Hsipaw! Dem Kässeli zuliebe bucht die sparsame Reisende natürlich kein warmes Bett bis Sonnenaufgang. Stattdessen setzen meine neuen Kumpanen und ich ganz auf die Kulanz des Gasthauses, wo wir die nächsten Tage unterkommen. Scheint hier üblich zu sein: Die Wolldecken liegen bereits parat. Wir schlafen kostenlos auf zwei Bänkli, draussen im Garten. Early Check-In mal anders. Keineswegs ausgeschlafen gehts dann auf Entdeckungstour. Schnell ist klar: In Hsipaw händs es echli mitem „Mister“. Wir wohnen beim Mister Charles, trinken bei Mister Shake und essen bei Mrs. Popcorn. Zudem buche ich Wandertrip Nr. 2 bei – Achtung, Achtung – nicht Mister Hike, sondern Mister Bike.
Bevor ich mich aber nochmals in die Trekkingschuhe schmeisse, kriegen wir Wind von einem ominösen Jahrmarkt. Solche Spässe soll man sich ja nie entgehen lassen. Wir finden auf wundersame Weise eine Gruppe Burmesen, die zum selben Event wollen. Glauben wir zumindest. Guter Dinge hüpfen wir allesamt auf die offene Ladefläche eines Büssli-TukTuk-Vehikels. 30 Minuten später herrscht Klarheit: Tausende in Feierstimmung, hier fliesst das Bier, dort der Schnaps. Lautsprecher an jeder Ecke, was für ein Klamauk! Mol, mir sind am richtigä Ort. Auf einer Bühne finden voll die grusligen Zaubertricks statt. Wie imä schlächte Horrorfilm. Wir – mal wieder die einzigen Touristen – setzen uns auf kleine Plastikschämeli und müssen das erst mal verdauen. Apropos Verdauen: Wenige Sekunden später kriegen wir allerlei „Spezialitäten“ vorgesetzt. Fröge mi hüt no, öbs eus det verarscht händ. Schweinsfüsse, Leber, Darm und irgendwelche Käfer, von denen ich garantiert die Finger lasse. Nur unser Kollege aus Norwegen probiert mutig alles durch. Er isch ebä en richtigä Wikinger, wie er betont. Den obligaten Whiskey gibts für uns alle hinterher. Safety first.
Komplett übermotiviert sehen wir dann das Riesenrad: Hölzernes Gestänge und ein paar rostige Metallschrauben. Gefühlt das Erste seiner Art, das überhaupt je gebaut wurde. Angetrieben wird es manuell. Nämlich von einer Handvoll Jungs, die am Gestänge circa 15m hochklettern. Dann jucken sie mit möglichst viel Schwung an die Gondeli. Drehmoment und so. Mit vollem Tempo sausen sie hängend dem Boden entgegen. Absprung im letzten Moment. Hee neiii!! Halbwegs betrunken vom ganzen Desinfektions-Whiskey siegt der Gruppendruck: Ich finde mich selbst im klapprigen Gondeli wieder. Ken Witz, ich han imfall Bewiismaterial. Natürlich bin ich darauf nur am Schreien. Selten so gelacht und gleichzeitig fast geheult. Aber gäll, man will natürlich weder Spielverderber, noch Schisshaas sein. Unterm Strich hatten wir aber alle ein Riesengaudi. Nur der Wikinger nicht. Er verbrachte die nächsten Tage auf dem stillen Örtchen in Squatposition. Shit happens.
