Es geht zurück in die Zivilisation, nach Puerto Natales. Im herzigen Städtli fährt uns prompt ein gestresster Sandwich-Verkäufer eine Beule ins Auto. Der Polizist kommt zwar, jedoch nur zum Sprüche klopfen. Und Flirten. Helfen kann er nicht. Später stellt sich heraus: Die Jungs von der Autovermietung kümmerts eh wenig. Isch alles versicherät. Beim Fahrstil hier unten? Kein Wunder.
Bald verlassen wir das südamerikanische Festland. Denn: Unser nächstes Ziel ist eine Insel! Die Tierra del Fuego, das berühmte Feuerland. Doch den Weg dahin muss ich mir verdienen. Entlang der Ruta „Fin del Mundo“ fahren wir so lang durch die flache Einöde, dass ich bald nicht mehr weiss, welche Musik ich noch hören mag. Geschlafen wird mitten in der Peitsche des Windes. Beim Öffnen der Türen gibts Regeln zu befolgen: Immer nur eine Türe aufs Mal öffnen. Ansonsten saugt der Windkanal unser halbes Hab und Gut raus. Ebenfalls aufregend wirds an der Magellanstrasse. Die Meerenge verbindet den Atlantik mit dem Pazifik und war bis zum Bau des Panamakanals die wichtigste Route für Schiffe, die das wilde Kap Hoorn vermeiden wollten. Hier besuchen wir ein wahres Geisterdorf. Mitsamt Schiffswrack ist das eine wahre Zeitreise. Überquert wird das nach dem Weltumseglungspionier Ferdinand Magellan benannte Gewässer heute aber bequem per Fähre. Wenn sie denn auftaucht. Wir warten sage und schreibe sieben Stunden, bis sich irgendwas tut. Der Grund: Sturmwarnung! Ohje. Die Überfahrt ist aber angenehm, zackige 30 Minuten später und pünktlich zum rosaroten Sonnenuntergang betreten wir die Tierra del Fuego. Wow.
Ich frage mich aber schon, warum das hier Feuerland und nicht Wind- oder Eisland heisst. Des Rätels Lösung: Magellan stiess beim „Entdecken“ der Insel auf zahlreiche Lagerfeuer der indigenen Völker. Und was wir hier entdecken wollen? Na Ushuaia dänk! Die südlichste Stadt der Welt. Behaupten die Argentinier zumindest. Definitiv ist es aber nicht das Ende der Welt, obwohl es oft als solches vermarktet wird. Was uns dort erwarten wird? Ich habe so gar keine Vorstellungen. Seit Tagen fahren wir durchs Niemandsland. Doch dann, wie aus dem Nichts, sehen wir sie am Horizont: Berge! So viele schneebedeckte Berge! Der südlichste Teil der Anden? Jap. Das isch etz scho bitzli unerwartet. So kommts, dass ich noch eine halbe Passfahrt hinlege. Vorbei an eisblauen Seen und tiefgrünen Wäldern. Dann, nach exakt 4’000 Kilometern (ohni Witz, gnau das seit de Kilometerzähler), durchfahren wir ein pompöses Entrée: „Willkommen in Ushuaia, dem Ende der Welt!“ Der Moment der Einfahrt ist lustigerweise echli emotional. Wir freuen uns, ist ja schon ein kleiner Meilenstein. Waren wir uns nicht immer sicher, ob wirs bis hier unten schaffen. Von wegen Kälte und Zweiradantrieb & Co. Aber das „Ende der Welt“ ist noch nicht das Ende dieses Roadtrips, denn: Ich muss ja alles wieder zurückfahren.
