Schon mal zwölf Stunden lang einem Audiobook-Erzähler zugehört? Ich schon. Nicht am Stück natürlich. Aber spätestens jetzt, entlang der argentinischen Ostküste, hängen mir die Musikplaylists zum Hals raus. Nun hören wir zig Wissens- und Politikpodcasts. Aber mein Favorit bleibt das Hörbuch „21 Lessons for the 21st Century“ von Yuval Noah Harari. Kann ich jedem nur empfehlen. Wirklich relevante Themen für unser Zeitgeschehen.
Doch zuerst müssen wir von Ushuaia zurück nach Chile und nochmals zurück nach Argentinien. Jap, es ist „Grenztechnisch“ ganz schön eng hier unten. Beim vorläufig letzten Bordercrossing zurück nach Argentinien schaffe ich es, beim grimmigsten Zollheini aller Zeiten einen Kofferraum voll Gemüse und Früchte über die Grenze zu chauffieren. Bin ja mittlerweile geübt. Dann gibt uns der Hombre aber sogar noch Insidertipps zu Puerto Santa Cruz: Hier leben nämlich Pinguine! Santa Cruz selbst ist ein heruntergekommenes Kaff. Ist aber egal, wir brauchen eh nur den Supermarkt und eine warme Dusche.
Dann folgt die grosse (kleine) Pinguin-Expedition. Per Auto gehts zu einem Hafen, der von einem bewaffneten Security bewacht wird. Bitz schräg. Hier ist vorerst Endstation, es geht zu Fuss weiter. Wir spazieren dem wilden Strand entlang, bis es irgendwann grausam stinkt. Im Sand entdecke ich lauter enge „Fussspuren“. Das sieht wahnsinnig kurzbeinig aus – hier wurde fix gewatschelt! Wie ein alter Fährtenleser folge ich den Spuren auf eine Anhöhe und merke plötzlich: Neben mir höckeln hunderte Pinguine in den Büschen! Wahnsinn! Ewiges Fotografieren und Angucken später gehts zurück und weiter nordwärts. Unterwegs treffen wir per Zufall auch noch auf eine Horde badender und sich sonnender Seelöwen. Ganz schön tierisch hier.
Abends schlafen wir an einem abgelegenen Strand. Nur ein paar Anwohner sind zum Fischen da. Trotz Feuerstelle friere ich mal wieder und verspeise meinen Znacht im Schlafsack eingewickelt. Jap, glamourös wiä immär. Doch es kommt noch besser: Mitten in der Nacht weckt uns ein Poltern an der Scheibe. Draussen blinkt das Blaulicht. Shit, Polizisten?! Wir öffnen verschlafen die Autotüre, verbleiben aber wie zwei Raupen in den Schlafsäcken eingemummelt. Weil minus 100 Grad und so. Ich sehe nix ausser blendendem Taschenlampenlicht. „Seid ihr Chilenen?“ „Nein, Mietwagen.“ „Ouh, Gringos! Pasaportes!“ Die Pässe sind natürlich irgendwo unter all unserem Kasumpel vergraben. Ich verbleibe mumifiziert, der Mann muss dran glauben und sich erst mal aus dem Kokon entpuppen. Die Polizisten studieren unsere Pässe verdächtig lang und ich denke mir: Was, wenn das gar keine Polizisten sind? Dann heissts: „Habt ihr ein weisses Auto gesehen?“ „Nein“. Ich schlafe verwirrt weiter bis ich am nächsten Morgen feststelle: Die Suchen immernoch. Überall hats Polizisten mit Feldstecher, Polizeiboote und Polizeiautos. Ui, schnell wäg do!
