Gut gibts Autostöppler, sonst würde man sich zu zweit im Auto früher oder später wohl auf den Geist gehen. Spass bei Seite, aber diese spontanen Mitfahrer sind meist spannende Gesprächspartner. Auch heute, nachdem wir den hängenden Gletscher im Queulat Nationalpark erwandert haben, sichten wir ein paar geduldige Daumen am Strassenrand. Kurz den Blinker stellen, Scheibe runter und: „A dónde vais?“
Stellt sich heraus, dass der Deutsche mit seinen zwei argentinischen Freunden ins selbe Kaff will, wie wir. Aso guet! Wir müssen nur noch kurz (lang) die Rückbank umdisponieren, denn: Die grossgewachsenen Jungs reisen mit drei noch grössergewachsenen Rucksäcken. Plus Zelt, Schlafsäcken und einer halben Küche. Oh je. Endlich sind alle Türen zu, ohne dass irgendwas pfeifft oder blinkt. Drei Stunden lang führt die grausige Schotterpiste über einen Pass. Vermehrt fallen verzweifelte Sprüche, dass die Jungs bald das Auto hochschieben müssen. Unser Güütschi kommt echt kaum um die engen, steilen Kurven. Zum ersten Mal wundere ich mich, wieso genau wir keinen 4×4 gemietet haben?! Wenn ich grad keine Stossgebete sende, geniesse ich den Austausch von lustigen Geschichten, von Erfahrungen oder Tipps, was man in Patagonien noch so machen muss.
Langsam aber sicher schaffen wir es vorbei an weiteren Gletschern, bevor es mit Schuss wieder runter ins Tal geht. Ännet em Bergli fällt auf: Die Vegetation hat sich komplett verändert. Was vorher grün und tropisch war, ist jetzt goldgelbenen, halbtrockenen Feldern gewichen. Schneebedeckte Bergspitzen zieren den Horizont. Bald sichten wir schon den ersten Gaucho. Auf seinem Pferd treibt er eine Horde Kühe über die Weide. Wir laden die Jungs ab und zum Dank gibts am Strassenrand (typisch Argentinier) eine Runde Maté. So ein schönes Ritual! Fun Fact: Maté-Trinken ist auch Teil der Gaucho-Kultur. Und dabei wird nach strengen Regeln getrunken: So darf man niemals das Trink-Röhrli bewegen. Auch „Danke“ sagt man erst, wenn man gar keinen Maté mehr will. Und fertig getrunken ist erst, wenn das Röhrli ein offensichtliches Schlürf-Geräusch von sich gibt. Alläs klar?
Dann wollen wir bei einer nahgelegenen Farm Proviant aufstocken. Wir finden weder Brot noch Gemüse, dafür einen superherzigen Camping-Bauernhof. Und den Besitzer: Einen amüsanten, halbwegs betrunkenen Spanier. Der Liebe wegen sei er seit 18 Jahren hier, grölt er, will aber den ganzen Abend mit mir tanzen. Na bravo. Gemeinsam mit den anderen Gästen wird gegessen, getrunken und getanzt. International ist fast alles vertreten. So auch ein pensionierter Schweizer, der mit seinem Hund seit zwei Jahren im Camper durch die Welt reist. Der mittlerweile ziemlich betrunkene Spanier bettelt immer noch zum Tanz. Irgendwann gebe ich nach. Zu Volksmusik, die glatt aus der Schweiz kommen könnte, werde ich umhergeschwungen, bis mir dä Maté fascht obsi chunnt. Yiiha!
