Südwärts auf dem Highway 41 nähern wir uns den wohl berühmtesten Attraktionen des argentinischen Patagoniens. Stundenlang brausen wir im Schlagloch-Slalom durch die windige Pampa. Bis plötzlich, kurz vor El Chaltén zahlreiche Gipfel den Horizont säumen. Wahnsinnig imposant!
Doch ein solches Spektakel kommt selten allein, so überrennt uns gleich eine Meute crazy Touristen. Hier Trekkinghosen, dort Wanderstöcke und ein Touristenbus nach dem anderen. Ohje. Wozu? El Chaltén ist Ausgangspunkt für eindrückliche und trotzdem einfache Wanderungen. Besonders beliebt sind die Lagunen mit Blick auf den Cerro Torre sowie den Cerro Fitzroy. Gesagt, getan. Aber mir ist das Ganze viel zu überlaufen. Gut schlafen wir am Ufer einen Flusses, ausserhalb des Invasionsgebietes. Dort finden wir Pfotenabdrücke eines Pumas. Uff. Schlussendlich reicht’s aber nur für den Überraschungsbesuch eines Armadillos. Das kleine Gürteltier hockt mir abends beim Zähneputzen fast auf die blutten Zehen. Ich weiss nicht, wer mehr erschrocken ist.
Nebst den zahlreichen Wandermöglichkeiten hat El Chaltén aber nicht wirklich viel Charakter. Es Touriste-Örtli, no mas. Drum geht’s bald weiter, ins – Achtung, Achtung – nächste Touristendörfli: El Calafate. Same same, but different. Ich hüpfe zuerst schnell in den Supermarkt, von wegen Nahrungsbeschaffung. Und während ich an der Kasse die obligatorischen 15 Minuten in der Schlange warte und die Kassiererin entspannt am Handy rumtöggelt, fällt mir auf: Hier hat durchs Band jeder eine knallrote Birne. So richtig grausam verbrännt! Schräg, Patagonie isch ez nöd unbedingt bekannt defür, dass mer gaht go sünnele. Hää?! Abär dänn isch mer de 20er abe: Die haben eine Gletscherwanderung gemacht! Nach El Calafate kommt man nämlich, um den Perito Moreno Gletscher zu bestaunen. Und dieser ist wirklich eine Hausnummer, die Seinesgleichen sucht. 254 Quadratkilometer ewiges Eis. Erfreulicherweise hat er in den letzten Jahren aber keine Masse verloren, ist nicht geschrumpft. Im Gletscher-Dasein ist das leider kein Standard. Obwohl zuverlässig Eis abbricht und in die riesige Gletscherlagune fällt, kommt immer wieder neues Eis hinzu.
Das „Gletscher-Watching“ ist vor Ort eine regelrechte Sportart. Schweissausbrüche inklusive. Wo fällt wohl das nächste Stück Eis ab? Hier ein Knarren, dort kreischt eine Gruppe Japaner. Plötzlich stürzt rechts hinten ein rieser Brocken die 70 (!!) Meter hohe Gletscherwand hinunter. Unten entsteht eine regelrechte Flutwelle. Da darf das obligatorische Touristenboot natürlich auch nicht fehlen. Mit Vollgas rast es auf die Fluten zu. Wild hin und her kurvend, um auch möglichst bei jedem Knorzen hautnah dabei zu sein. Ehm ja. Wie kleine Sardinen sind die Touris auf das Deck gepfercht. Aber sie nippen zufrieden an ihrem „Whiskey on Gletscher-Ice“. Ohje, no gracias. Aber iicrème nöd vergässe, gället!
