Wie vielseitig Chile ist, hab ich ja schon mehrfach erzählt. Nun kommt aber noch eine neue Dimension von Naturgewalt hinzu: Die Atacama-Wüste im hohen Norden. Auf der Durchreise nach San Pedro de Atacama lande ich in Calama. Ein trauriger Fleck. Aber eins ums andere. Spät abends komme ich an und checke in mein Hostel ein. Der erste Eindruck: Höchst interessantes Innendesign hier. Ich blicke in zwei identisch aussehende Gänge mit einer Reihe von Einzelzimmern. Alles pink gestrichen. Die Wände pink, die Decken pink. Auch das Mobiliar im Zimmer, alles pink. Die Bettdecke gar pinkes Leopardenmuster. In was für einem Etablissement bin ich denn hier gelandet?! Aber falsch gedacht, alles ganz jugendfrei hier. Doch am nächsten Morgen gehts schon weiter mit schrägen Eindrücken. Auf der Suche nach Frühstück finde nur betrunkene Männer und sust bitz kurligi Gstalte. Von Bananen oder einer Panaderia mit Brötli keine Spur.
Des Rätsels Lösung? Calama ist eine Minenstadt. Unweit von hier liegt die grösste Kupfermine der Welt: Chuquicamata. Das könnt ihr mal googlen, um einen Einblick in die Zustände dort zu erhalten. Einst lebten die Minenarbeiter im Dorf Chuquicamata selbst, doch dann wurden sie alle nach Calama umgesiedelt. Mir gefällts hier nicht, muss es aber auch nicht. Bald sitze ich nämlich im Bus nach San Pedro de Atacama. Die Fahrt führt vorbei an den in scheinbar jedem Land wiederkehrenden Güselbergen. Alias Landfills. Dann, aus dem Nix, erkennt man eine kleine Oase: San Pedro. Es paar Hüsli, e Schuel und di klassischi Touriste-Strass. Tourenanbieter und Alpakapullis wo das Auge hinschaut. Trotzdem hat San Pedro mit den seinen Adobehäusern (aus Lehm) und Erdtönen einen gewissen Charme.
Gemeinsam mit einer Freundin verweile ich hier ein paar Tage, um die Atacama Wüste zu erkunden. Im Angebot stehen Geysire, Lagunen und gar eine Mondlandschaft. Da wollen wir hin. So mieten wir tatsächlich ein Fahrrad und brechen auf ins Valle de la Luna. Fahrradfahren auf 2’500 M.ü.M.?! Muss würkli zuegäh, ich merks gröber. Die Lunge pocht. So war ich vorher monatelang auf Meereslevel. Trotzdem radeln wir die Hügel hoch wie die Wilden, teils gar im Sand. Gad echli gschpuelet. Wir wandern über Dünen und sinken ein bis über die Knöchel. Wir erklimmen Felsen, finden Salzresten und fühlen uns bitz wie der Marsianer. Nur halt ufem Mond. San Pedro hat aber noch ein weiteres Ass im Ärmel: Von hier kann man nämlich wunderbar die Sterne betrachten. Lustigerweise treffen wir im Hostel ein paar Jungs mit Auto und fahren nachts raus in die Wüste. Dort, im Finstern, da ganz ohne Lichter, sieht man die Milchstrasse sowie Sternkonstellationen nämlich am besten. Wie der Zufall es so will, sind die Jungs nicht nur Fotoprofis. Nein, einer studierte gar Astronomie und Astrophysik! Er holt mir zwar nicht die Sterne vom Himmel, erklärt mir aber das ganze Universum.
